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Dampfpflugfest in Calberwisch
Historische Lokomobile im Einsatz
Am letzten Wochenende im August des Jahres 2010 fand zum
zweiten Mal ein Dampfpflugfest in Calberwisch statt. Calberwisch, gelegen am Rande der
Altmärkischen Wische und nur wenige Kilometer von der einstigen Kreisstadt und heutigen
Hansestadt Osterburg entfernt, ist ein Ortsteil von Düsedau. Im August 2009 fand hier das
erste Dampfpflugfest statt, welches rund 10.000 Besucher oder etwas mehr anzog.
Schloss Calberwisch |
In
Calberwisch befindet sich das gleichnamige Schloss, welches im Jahre 1875 vom Architekten
Martin Gropius, einen älteren Verwandten des späteren Bauhausgründers Walter Gropius,
erbaut wurde und heute ein Baudenkmal ist.
Doch nicht das liebevoll und stilgerecht sanierte Schloss stand beim Dampfpflugfest am
vergangenen Wochenende im Mittelpunkt des Geschehens, sondern zwei nicht weniger liebevoll
gepflegte Lokomobile. |
Eben diese Lokomobile und darüber hinaus viele weitere
sehenswerte Oldtimer sowie Landmaschinen der neusten Generation waren es, die tausende
Oldtimerfans und technikinteressierte Besucher anzogen. Darüber hinaus fehlte vom
Trödelmarkt bis zum Kinderkarussell praktisch nichts, um die Veranstaltung zu einem
Volksfest werden zu lassen. Dabei drohte zeitweilig die Gefahr, dass aus dem geplanten
Fest ein Fiasko werden könnte, wenn das Wetter sich weiterhin von seiner schlechtestes
Seite zeigen würde. Anhaltender Regen hatte in den Vortagen die Ackerflächen
durchweichen lassen, doch zum Glück zeigte sich an beiden Veranstaltungstagen zumindest
zeitweilig die Sonne. So stand dem Pflügen mittels Dampfmaschinen nichts mehr im Wege und
die betagte Technik meisterte zuverlässig ihre Arbeit.
Eines der beiden Dampfpflug-Lokomobile |
Der
Dampfpflug wurde in England, dem Mutterland der Dampfmaschine, im Jahre 1837 erfunden.
Anfänglich wurde zum Beackern der Felder nur ein Lokomobil eingesetzt, welches mit zwei
Seilwinden ausgestattet war. Am gegenüberliegenden Ende des Feldes wurde das Zugseil
über eine Umlenkrolle geführt, welche auf einem Ankerwagen befestigt war. So war es
möglich den Pflug in beiden Richtungen abwechseln über ein Feld zu ziehen. Diese Technik
konnte sich jedoch nicht durchsetzen. Erst die Entwicklung des Zweimaschinensystems
brachte den erhofften Durchbruch. |
Entwickelt wurde das Zweimaschinensystem durch den
englischen Ingenieur John Fowler in den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts und durch die
gleichnamige Firma im Jahre 1858 der Öffentlichkeit präsentiert. Der Entwicklung des
Zweimaschinensystems durch Fowler ist es zu verdanken, dass die Erfindung des Pflügens
mit Hilfe von Dampfmaschinen sich weltweit durchsetzen konnte.
Ein weiterer Meilenstein wurde durch den deutschen Ingenieur Max von Eyth gesetzt, welcher
eine Seilspulvorrichtung entwickelte, die den horizontalen Einbau der Seilwinden erlaubte.
Bis dato wurden die Seilwinden senkrecht am Lokomobil befestigt. Eyth war ab dem Jahre
1862 bei der Firma Fowler in England beschäftigt, wo er die Auslandsvertretung für
Dampfpflüge übernahm. In den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts kehrte Eyths nach
Deutschland zurück und wurde zum Mitbegründer sowie zum zeitweiligen Direktor der
Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft.
Mit je einer horizontal eingebauten Seilwinde sind auch beide Lokomobile versehen, die
beim Dampfpflugfest in Calberwisch einen Kipppflug wechselseitig über die Ackerfläche
zogen. Erbaut wurde das Gespann im Jahre 1928 von der Firma A. Heucke
Dampfpflug-Lokomotiv-Fabrik in Gatersleben. Insgesamt wurden von der Firma Heucke in den
Jahren 1884 bis 1945 über 400 komplette Dampfpflugsätze gefertigt, wobei ein Pflugsatz
jeweils aus zwei Lokomobilen und einem Kipppflug sowie weiteren Zubehör bestand. Unter
Zubehör sind in diesem Zusammenhang keine Kleinteile zu verstehen, sondern Vorratswagen
für Wasser und Brennstoffe.
Ein mit Seilen gezogener Kipppflug |
Seilwinde am Lokomobile zum ziehen des Kipppfluges |
Heute existieren nur noch zwei funktionsfähige
Dampfpflugsätze im deutschsprachigen Raum, bei einem dritten sind die
Restaurierungsarbeiten noch nicht abgeschlossen (Stand: 2010). Ein Dampfpflugsatz
befindet sich im Deutschen Landwirtschaftsmuseum Hohenheim und ein zweites
Dampfpfluggespann im Agrarbildungszentrum Landshut-Schönbrunn. Letzteres geht mehrmals im
Jahr per Tieflader für Vorführungen auf Reisen.
Neben einem voll funktionsfähigen Dampfpfluggespann im Einsatz, konnten die Besucher des
Dampfpflugfestes noch sehr viel mehr sehen, erleben und an Impressionen verinnerlichen.
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